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Bundeswehr bereitet Unternehmen auf Krieg vor – Medien sekundieren durch ihre Kritiklosigkeit
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Weitere Details zum geheimen Operationsplan Deutschland sind durchgesickert. Laut FAZ „schult die Bundeswehr seit Kurzem Unternehmen für den Verteidigungsfall“. Wie erwartet geht es um den Fall eines Angriffs durch Russland. Hinter den Kulissen stehen die Zeichen offensichtlich auf die bereits beschworene „Kriegstüchtigkeit“. Erschreckend ist nicht nur, dass die deutsche Politik überhaupt einen Krieg mit Russland ins Auge fasst – auch das Verhalten der Medien lässt tief blicken. Über das schier Ungeheuerliche berichten Journalisten nüchtern, emotionslos, als ginge es um eine trockene verwaltungstechnische Entscheidung, die keinen Bürger wirklich tangiert. Wo dringend Kritik ertönen sollte, wird durch die Zurückhaltung die Komplizenschaft mit der Grundrichtung der Kriegspolitik sichtbar. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Sie machen sich schuldig. Was sich ein beachtlich großer Teil der Medien leistet, ist in vielerlei Hinsicht ein Verrat am Journalismus – und in der Konsequenz auch an der Demokratie. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber in Anbetracht der Umstände gilt es, immer wieder darauf zu verweisen. Mittlerweile sind wir an einem Punkt angelangt, wo es in Deutschland um die Frage Krieg oder Frieden geht. Das Letzte, was es an dieser Stelle braucht, sind Medien, die politischer Verantwortungslosigkeit sekundieren. Wenn die Politik die Losung ausgibt: „Wir müssen kriegstüchtig werden!“, ist es die Aufgabe von Journalisten, die den Friedensauftrag des Grundgesetzes verstanden haben, laut zu widersprechen. Gestern war wieder so ein Tag, der verdeutlicht: Auch beim Thema Krieg ist eine Komplizenschaft zwischen Politik und Journalismus zu beobachten. Unter der Überschrift „Bundeswehr bereitet Unternehmen auf den Kriegsfall vor“ berichtet die FAZ über neue Erkenntnisse zum „Operationsplan Deutschland“.
„In Deutschland beginnen Vorbereitungen für den Fall eines Krieges, der noch direktere Auswirkungen auf die Bundesrepublik hat als der russische Angriff auf die Ukraine“, schreibt das Blatt auf trocken. Laut der Zeitung schule „die Bundeswehr seit Kurzem Unternehmen auf Grundlage des von der Politik beschlossenen „Operationsplan Deutschland“.
Andere Medien greifen die Nachricht auf. Auch sie berichten nüchtern. In der Welt heißt es im Hinblick auf Firmen, zum „Selbstschutz“ sei es wichtig, „dass die ganze Belegschaft ein Gefühl für Sicherheitsfragen bekomme“. Ein Oberstleutnant der Bundeswehr, so erfährt der Leser, habe gerade in der Hamburger Handelskammer Unternehmer unterrichtet, was als Vorbereitung auf eine Kriegssituation von Unternehmerseite getan werden könne.
Alle Landeskommandos der Bundeswehr seien mit der Umsetzung auf Ebene der Bundesländer beauftragt, ist ferner in dem Blatt unter Berufung auf die Bundeswehr zu lesen. „Wir müssen das Bewusstsein schärfen, wie wichtig eine gut vorbereitete und widerstandsfähige Wirtschaft für die zivile und militärische Verteidigung Deutschlands ist“, zitiert die Zeitung Malte Heyne, den Hauptgeschäftsführer der Handelskammer.
Gegenstimmen? Grundsatzkritik an dem Vorhaben, Unternehmen auf den Kriegsfall vorzubereiten? Fehlanzeige.
Es ist diese Abwesenheit, ja dieses geradezu systematische Fernhalten von kriegskritischen Stimmen, das dazu beiträgt, dass eine auf „Kriegstüchtigkeit“ setzende Politik immer weiter an Fahrt gewinnt. Längst wird nicht mehr über das „Ob“ diskutiert. Journalisten „berichten“ lediglich über das „Wie“, das „Wann“.
Wobei, genauer: Bisher wurde noch gar nicht darüber diskutiert, „ob“ der anvisierte Weg der Kriegstüchtigkeit überhaupt richtig ist. Auch das kann man nur als Schande für eine Medienlandschaft bezeichnen. Und es ist auch nicht angebracht, bei den Beiträgen zur Vorbereitung von Unternehmen auf einen Krieg von „berichten“ zu sprechen. Obwohl die Artikel nüchtern und sachlich sind, sprechen gerade die Einseitigkeit und die Abwesenheit von Kritik dafür, dass hier keine „journalistischen Berichte“ vorliegen. Vielmehr sind sie als publizistische Beiträge zu identifizieren, die als stillschweigende Komplizenschaft mit der Politik verstanden werden können.
Und das ist er. Das ist der Verrat am Journalismus. Das ist er, der Verrat an der Demokratie. Journalisten müssten zwingend und dringend kritisch hinterfragen, warum es überhaupt zu einer Vorbereitung von deutschen Unternehmen auf einen Kriegsfall kommt. Sie müssten die Annahmen, die wir ja alle kennen, die die Basis für die Politik der Kriegstüchtigkeit sind, als das benennen, was sie sind: Propaganda. Aus welchem Grund sollte Russland den NATO-Staat Deutschland überfallen? Warum sollte Russland an der „Ostflanke“ – allein schon der Begriff! – angreifen? Was würde überhaupt ein faktischer Krieg zwischen Russland und NATO bedeuten? Was brächte es, heute Unternehmen „kriegstüchtig“ zu machen, wenn es zu einer nuklearen Eskalation kommt? Den hohen Gehalt des Wahnsinns, der in der gegenwärtigen Politik zu finden ist, müssten Journalisten ohne zu zögern ansprechen.
Und, bei Lichte betrachtet: Das Undenkbare könnte vielleicht, irgendwann, dann geschehen, wenn die Politik der Konfrontation weiterhin der Weg ist; wenn anstelle von Diplomatie auf Waffengang gesetzt wird; wenn vor der Haustür Russlands die NATO immer weiter, immer unverschämter in Stellung gebracht wird, um den Feind Russland gegebenenfalls „abwehren“ zu können. Aufgabe einer kritischen Presse wäre es, die Konfliktsituation zwischen Russland und NATO auf die geostrategischen und tiefenpolitischen Hintergründe zu dekonstruieren. Russland für seinen Angriff auf die Ukraine mit aller Deutlichkeit zu kritisieren? Richtig so. Die Kritik an einer deutschen und westlichen Politik, die mit ihrer Kriegstüchtigkeit eben nicht den Frieden, sondern am Ende noch den dritten Weltkrieg herbeiführen mag, dürfen Journalisten doch nicht zurückhalten. Viele tun es aber, und so wird die Situation von Tag zu Tag gefährlicher.
Titelbild: saltodemata/shutterstock.com
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Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Sie machen sich schuldig. Was sich ein beachtlich großer Teil der Medien leistet, ist in vielerlei Hinsicht ein Verrat am Journalismus – und in der Konsequenz auch an der Demokratie. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber in Anbetracht der Umstände gilt es, immer wieder darauf zu verweisen. Mittlerweile sind wir an einem Punkt angelangt, wo es in Deutschland um die Frage Krieg oder Frieden geht. Das Letzte, was es an dieser Stelle braucht, sind Medien, die politischer Verantwortungslosigkeit sekundieren. Wenn die Politik die Losung ausgibt: „Wir müssen kriegstüchtig werden!“, ist es die Aufgabe von Journalisten, die den Friedensauftrag des Grundgesetzes verstanden haben, laut zu widersprechen. Gestern war wieder so ein Tag, der verdeutlicht: Auch beim Thema Krieg ist eine Komplizenschaft zwischen Politik und Journalismus zu beobachten. Unter der Überschrift „Bundeswehr bereitet Unternehmen auf den Kriegsfall vor“ berichtet die FAZ über neue Erkenntnisse zum „Operationsplan Deutschland“.
„In Deutschland beginnen Vorbereitungen für den Fall eines Krieges, der noch direktere Auswirkungen auf die Bundesrepublik hat als der russische Angriff auf die Ukraine“, schreibt das Blatt auf trocken. Laut der Zeitung schule „die Bundeswehr seit Kurzem Unternehmen auf Grundlage des von der Politik beschlossenen „Operationsplan Deutschland“.
Andere Medien greifen die Nachricht auf. Auch sie berichten nüchtern. In der Welt heißt es im Hinblick auf Firmen, zum „Selbstschutz“ sei es wichtig, „dass die ganze Belegschaft ein Gefühl für Sicherheitsfragen bekomme“. Ein Oberstleutnant der Bundeswehr, so erfährt der Leser, habe gerade in der Hamburger Handelskammer Unternehmer unterrichtet, was als Vorbereitung auf eine Kriegssituation von Unternehmerseite getan werden könne.
Alle Landeskommandos der Bundeswehr seien mit der Umsetzung auf Ebene der Bundesländer beauftragt, ist ferner in dem Blatt unter Berufung auf die Bundeswehr zu lesen. „Wir müssen das Bewusstsein schärfen, wie wichtig eine gut vorbereitete und widerstandsfähige Wirtschaft für die zivile und militärische Verteidigung Deutschlands ist“, zitiert die Zeitung Malte Heyne, den Hauptgeschäftsführer der Handelskammer.
Gegenstimmen? Grundsatzkritik an dem Vorhaben, Unternehmen auf den Kriegsfall vorzubereiten? Fehlanzeige.
Es ist diese Abwesenheit, ja dieses geradezu systematische Fernhalten von kriegskritischen Stimmen, das dazu beiträgt, dass eine auf „Kriegstüchtigkeit“ setzende Politik immer weiter an Fahrt gewinnt. Längst wird nicht mehr über das „Ob“ diskutiert. Journalisten „berichten“ lediglich über das „Wie“, das „Wann“.
Wobei, genauer: Bisher wurde noch gar nicht darüber diskutiert, „ob“ der anvisierte Weg der Kriegstüchtigkeit überhaupt richtig ist. Auch das kann man nur als Schande für eine Medienlandschaft bezeichnen. Und es ist auch nicht angebracht, bei den Beiträgen zur Vorbereitung von Unternehmen auf einen Krieg von „berichten“ zu sprechen. Obwohl die Artikel nüchtern und sachlich sind, sprechen gerade die Einseitigkeit und die Abwesenheit von Kritik dafür, dass hier keine „journalistischen Berichte“ vorliegen. Vielmehr sind sie als publizistische Beiträge zu identifizieren, die als stillschweigende Komplizenschaft mit der Politik verstanden werden können.
Und das ist er. Das ist der Verrat am Journalismus. Das ist er, der Verrat an der Demokratie. Journalisten müssten zwingend und dringend kritisch hinterfragen, warum es überhaupt zu einer Vorbereitung von deutschen Unternehmen auf einen Kriegsfall kommt. Sie müssten die Annahmen, die wir ja alle kennen, die die Basis für die Politik der Kriegstüchtigkeit sind, als das benennen, was sie sind: Propaganda. Aus welchem Grund sollte Russland den NATO-Staat Deutschland überfallen? Warum sollte Russland an der „Ostflanke“ – allein schon der Begriff! – angreifen? Was würde überhaupt ein faktischer Krieg zwischen Russland und NATO bedeuten? Was brächte es, heute Unternehmen „kriegstüchtig“ zu machen, wenn es zu einer nuklearen Eskalation kommt? Den hohen Gehalt des Wahnsinns, der in der gegenwärtigen Politik zu finden ist, müssten Journalisten ohne zu zögern ansprechen.
Und, bei Lichte betrachtet: Das Undenkbare könnte vielleicht, irgendwann, dann geschehen, wenn die Politik der Konfrontation weiterhin der Weg ist; wenn anstelle von Diplomatie auf Waffengang gesetzt wird; wenn vor der Haustür Russlands die NATO immer weiter, immer unverschämter in Stellung gebracht wird, um den Feind Russland gegebenenfalls „abwehren“ zu können. Aufgabe einer kritischen Presse wäre es, die Konfliktsituation zwischen Russland und NATO auf die geostrategischen und tiefenpolitischen Hintergründe zu dekonstruieren. Russland für seinen Angriff auf die Ukraine mit aller Deutlichkeit zu kritisieren? Richtig so. Die Kritik an einer deutschen und westlichen Politik, die mit ihrer Kriegstüchtigkeit eben nicht den Frieden, sondern am Ende noch den dritten Weltkrieg herbeiführen mag, dürfen Journalisten doch nicht zurückhalten. Viele tun es aber, und so wird die Situation von Tag zu Tag gefährlicher.
Titelbild: saltodemata/shutterstock.com
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